Sonntag, 13. Dezember 2015

Tabak, Kaffee und mehr

Die Fahrstrecke nach Matagalpa war ganz nett, aber nichts Besonderes. Erst am Schluss in den Bergen wurde es reizvoller. Ich habe noch einen Abstecher nach Esteli gemacht, der 'Hauptstadt' des Tabak, wie es in den Reiseführern heißt. Eine vergleichsweise moderne Stadt in Nicaragua zeigte sich mir, am besten war aber noch das Einkaufszentrum mit nettem Cafe und Ausblick auf die Umgebung. - Matagalpa ist eine Provinzhauptstadt mit fast 500.000 Einwohnern. Es ist die Metropole des Kaffees. Ich bin in der Selva Negra Lodge, hoch in den Bergen (1300 m) im Cloud-Regenwald. Als ich ankam, hat es tatsächlich geregnet und war bloß 25° warm. Na, dafür kriege ich dann morgen in Managua nochmal Hitze :-)

Die Lodge gehört zu einer großen Kaffeeplantage, die ich morgen Vormittag besichtigen will. Drum herum sind einige schöne Waldwege angelegt, wo man Vögel und Affen beobachten kann. Da ich das alles schon gut und besser von Costa Rica kenne, bin ich gemütlich etwas herum spaziert und mache auf Entspannung. Die Lodge liegt wirklich zauberhaft schön mit weitem Ausblick auf die Berge, ein sehr schöner Ort am Ende der Reise durch Nicaragua. Irgendwelche deutsche Wurzeln muss es hier auch geben, ein ziemlich deutsches Fachwerkhaus weist darauf hin. Mein kleiner Bungalow liegt am Rande der Anlage mit allerschönstem Ausblick und Kaffeesträuchern vor der Tür! Heute ist eine Menge los, denn die Selva Negra Lodge wird auch als Ausflugsgaststätte und für Feierlichkeiten genutzt. Allmählich verschwinden die Tagesgäste, und es wird ruhiger. Auch hier bestes Wifi, aber nur im zentralen Restaurant. Da schlürfe ich mein übliches Tonja, ein gutes hiesiges Bier.

Nicaragua hat mir gut gefallen, weil es noch recht unverfälscht ist. Naturparks und Tier- / Vögel - Beobachtung gab es in Costa Rica mehr und besser. Dafür waren hier die Vulkane sehr viel eindrucksvoller und auch richtig mit Qualm und Hitze und Gestank, wie sich das gehört. Heute habe ich morgens noch die Fumarolen und brodelnde Schlammtöpfe von San Jacinto besucht, unterhalb eines alten Vulkans, genau in dessen früherem Krater. Er schlummert also nur. Da quellen Wasserdämpfe, bis zu 200° heiß, aus dem Boden als riesige Dampfwolken. Etwas Schwefel ist auch dabei, man riecht es. Zwei junge Anwohner waren als "Guides" zugegen und zeigten mir alles, was ich freilich auch alleine hätte sehen können. Nun gut, sie haben sich ihre Dollars so verdient. Eine Alte kam und hat schließlich noch 1 Dollar fürs Parken verlangt, die kommen also auch auf den Trichter. Diese vulkanische Fläche war durchaus imposant und sehenswert. Ich mag so etwas ja. Davon habe ich also in Nicaragua einiges zu sehen gekriegt, feine Sache.



Noch etwas zu den Bussen und Taxis. Taxis werden immer von mehreren benutzt, die in dieselbe Richtung wollen - solange Platz im Auto ist. Es sind meist irgendwelche alte Toyotas oder Nissans. Bei Bussen sieht es insofern anders aus, als sie das einzige Transportmittel über Land sind. Sie verbinden Städte und Dörfer, typische "Chicken-Express" Busse. An den Straßen in und zwischen den Dörfern sind Haltestellen, aber sie halten auch auf Handzeichen dort, wo jemand zusteigen will. Sie sind nicht voll, wenn sie voll sind, sondern dann, wenn der Letzte, der mit will, drin ist. Das gilt noch viel mehr für die innerstädtischen Busse, wie ich es in Granada, León, aber auch in Matagalpa beobachtet habe. Das sind eigentlich kleine LKW bzw. Lieferwagen mit kleiner Ladefläche, auf die man hinten über einen Tritt einsteigt. Die Ziele werden ausgerufen. Und diese "Busse" sind wirklich erst voll, wenn auch niemand mehr aufs Trittbrett passt! Abenteuerlich. Immerhin gibt es hinten eine Absperrkette, die das Schlimmste verhindert. Ich habe solche Fahrzeuge auf einigen Fotos fest gehalten, man muss nur genau hinschauen. Es ist so, wie ich es auch zum Beispiel aus Peru kenne. So ähnlich funktioniert das wohl überall in den einfachen Ländern.

Ich vermeide Dritte Welt, obwohl das doch irgendwie ganz gut trifft. Als Tourist bin ich vor allem hier in Nicaragua ein ziemlicher Exot, der sich umschaut wie in einem Zoo. Normalerweise wird man einfach ignoriert als "Americano" - Die sind eben auch da wie die Straßenhunde. Das ist gar nicht negativ gemeint, sondern zeigt nur, dass man hier (ganz anders als in Costa Rica) im Alltag keine Rolle spielt. Die Hotels und Restaurants, die ich als Tourist besuche, kann sich nur eine kleine Oberschicht leisten. Die ist aber durchaus vorhanden. Guides gehören normalerweise zu den gut Gebildeten. Dementsprechend sind Touristen auch kaum mit eigenen Autos unterwegs. Im guten Hotel in León wunderte ich mich, dass da auf dem eigenen kleinen Parkplatz nur drei oder vier Autos standen, obwohl das Hotel am Wochenende von besser gestellten Nicaraguanern (zur Fiesta!) gut besucht war. Die Straßen sind in Nicaragua in einem vorbildlichen Zustand, zumindest die Hauptstraßen. Sie haben auch nur wenig Verkehr zu tragen und dienen wohl auch wesentlich militärischen Zwecken. Nicaragua hat immerhin einen langen und leidvollen Bürgerkrieg hinter sich. Die Armee ist immer präsent. Costa Rica dagegen braucht keine Militärstraßen, denn dies Land hat gar keine Armee! Welch ein Unterschied!

Die Reise hat sich in der Abfolge: erst Costa Rica, dann Nicaragua bestens bewährt. Für mich war Costa Rica auch gewissermaßen 'zum Üben', denn in Nicaragua bin ich in ganz anderer und unmittelbarer Weise mit dem Alltag und der normalen Bevölkerung Mittelamerikas in Kontakt gekommen - wie eigentlich noch nie auf einer anderen Reise in einem lateinamerikanischen Land. Darum fiel mir hier ja auch meine Sprach-Unkenntnis so derbe auf. Mit dem eigenen Auto bin ich schon hautnah dran gewesen am alltäglichen Leben und sozialen Umfeld Nicaraguas. Das war etwas Faszinierendes, was einem keine Bustour bieten kann. Ich musste mich halt immer mal wieder hier und da durch fragen. Das gehörte eigentlich zu den spannendsten Erfahrungen dieser Autoreise durch Costa Rica und vor allem Nicaragua. So viel habe ich glaub ich mich noch nie getraut. Die Kombination beider Länder als Reiseziele war schon sehr gelungen - und der guten Beratung des bewährten Reisebüros Dr. Schiegg zu danken. Es war schon ziemlich optimal so (Kritik: unbedingt länger auf Ometepe!), gerade auch bei den durchaus gegensätzlichen Eindrücken eines Landes wie Costa Rica, das seinen "Ecoturismo" mit dem Slogan "Pura Vida" zum Markenzeichen gemacht hat - und nun am Massentourismus erstickt, und dem ganz andersartigen, einfachen und recht ursprünglichen Nicaragua, das man halt in seiner ganzen Bandbreite erleben und schätzen lernen kann. Und man kann eine Menge erleben und wahrnehmen, wenn man sich  nur auf das so ganz Andersartige einlässt. Mir hat das den allergrößten Spaß gemacht! - Nun, ein bisschen Zeit habe ich ja noch - auskosten bis zur letzten Minute!

Bilder gibts natürlich auch wieder, auch ein paar vom gestrigen Abend in León im vorigen Album. Auf den heutigen Fotos sind Flächen zu sehen, die für Caña, Cane, Zuckerrohr gewässert sind. Dann sieht man auch Steinflächen, auf denen Sand ausgebreitet scheint. Es sind helle Kaffeebohnen, die dort zum Trocknen ausgebreitet liegen und gewendet werden müssen.
https://goo.gl/photos/K7gSgtdGiR7Snzio7

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